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Alt 19.08.2013, 11:15   #138
surfbude.de
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Hier eine andere Sichtweise von Prof. Karl Born.
Es muss jeder für sich entscheiden ob er fliegt oder nicht.

Borns Bissige Bemerkungen
Die montägliche Tourismuskolumne seit 2001
Archiv auf http://karl-born.de
Ausgabe vom 18. August 2013
Adresse dieser Ausgabe: http://karl-born.de/wp/die-andere-sicht/
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*'Die andere Sicht'*
Die Ereignisse in Ägypten sind alarmierend und besorgniserregend, zumal ein
Ende des Terrors nicht in Sicht ist. Es gibt in diesem Zusammenhang jedoch nicht
nur das „„eine“ Ägypten von Kairo. Touristisch gesehen gibt es „ein
weiteres“ am Roten Meer, 500 Kilometer entfernt. „Dieses“ Ägypten ist ein
Land, das nur vom Tourismus lebt. Zehntausende Urlauber verbringen hier jedes
Jahr einen erholsamen und preiswerten Urlaub.
Vor zwei Jahren gab es in Ägypten die erste Revolution, gegen Unfreiheit und
Unterdrückung durch Mubarak. Der deutsche Außenminister hat sich damals auf
dem Tahir-Platz mitfeiern lassen (warum eigentlich?), obwohl Deutschland Mubarak
auch mit Waffen und Entwicklungshilfe unterstützt hatte. Die damalige
Reisewarnung war verfehlt, das ist nicht nur aus heutiger Sicht klar. Zu keinem
Zeitpunkt waren Urlauber am Roten Meer in Gefahr.
Jetzt haben wir wieder fast die gleichen Bilder in Kairo. Wesentliche Teile der
ägyptischen Bevölkerung haben sich gegen die Herrschenden erhoben. Diese
pochen zwar darauf, dass sie demokratisch gewählt seien, doch ihre folgende
Politik war stramm in das Gestern gerichtet und führte vor allem rasant in das
wirtschaftliche Chaos. Die Ägypter wollen nicht ein totalitäres Regime gegen
ein neues eintauschen. Es ist auch die wirtschaftliche Situation, die die
Menschen wieder auf die Straße treibt.
In Hurghada ist es dagegen ruhig. Warum? Weil es den Menschen hier durch den
Tourismus relativ gut geht (wie es in den Zielgebieten nun mal „gut geht“).
Doch wie wird es aussehen, nachdem die Touristen jetzt weg bleiben? Die
Reiseveranstalter begründen ihren Stopp für Reisen an das Rote Meer mit der
„Verantwortung den Kunden gegenüber“. Ein gutes Argument, keine Frage. Aber
haben die Reiseveranstalter nicht auch eine „Verantwortung gegenüber den
Zielgebieten“, durch die sie über Jahre hinweg „gutes Geld“ verdient
haben?
Die ersten schreien wieder laut auf, es sei „unmoralisch“ jetzt am Roten
Meer Urlaub zu machen. Unmoralisch ist was anderes, z.B. als nach dem Tsunami
Touristen am Strand von Phuket im Liegestuhl lagen, während direkt daneben
Hilfskräfte noch Tote bargen.
Die Medien sollten jetzt mal die Ägypter im Zielgebiet befragen. Die Antwort
könnte lauten: „Wisst ihr, in welche Gefahren ihr uns hier mit dem Ende des
Tourismus bringt?“. Wirtschaftliche Not ist einer der besten Nährboden für
Terrorismus. Ohne Tourismus brechen von heute auf Morgen alle Einnahmen weg, da
es keine Alternative gibt. Wovon sollen die Menschen dann leben? Und wenn der
Terrorismus sich dadurch auch am Roten Meer ausbreiten wird, dann schreien die
Super-Schlauen „haben wir es nicht gesagt?“. Spätestens dann sollte man
über die Frage von Henne und Ei (was war zuerst da?) nachdenken.
"Bequemer" ist es dagegen das Land aufzugeben, so wie BILD am Sonntag, die
titelte: „Die Deutschen im Land der Angst“. Im Hintergrund sieht man
Rauchwolken zum Himmel hochsteigen, im Vordergrund badende Touristen. Das Bild
scheint eindeutig. Aber auch hier lohnt sich ein zweiter Blick, der eine ganz
andere Sicht der Dinge zeigt. Denn das Bild auf der Titelseite der BamS, wie
auch das Bild im Innenteil, ist NICHT Hurghada, es ist ein Bild von Alexandria.
Und die badenden Touristen sind Ägypter und keine deutschen Touristen am Roten
Meer. Hier wäre Moral angebracht, denn dieses Spiel mit der Angst ist
unseriös.
Übrigens von Alexandria nach Hurghada sind es fast 600 Kilometer, das
entspricht ungefähr der Entfernung von München nach Berlin.

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http://karl-born.de/wp/die-andere-sicht/
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