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Alt 03.10.2017, 18:44   #2
Horst Sergio
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... Ein sicher guter gefahrlosere Kompromiss zwischen Schlaufen und strapless können am Anfang Halbschlaufen bzw. Haken sein. Die Erfahrungsberichte zeigen aber, dass Haken unter Umständen zu mechanischen Überbeanspruchungen an den Boardfundamenten führen können und auch von Hakenbruch wird öfter berichtet. Daher im Zweifel lieber vorher den Foilboardhersteller bzw. Händler nach Kompatibilität der Schlaufenfundamente zu Haken fragen, um im schlimmsten Fall Gewährleistungsansprüche aufrecht zu erhalten und in den längeren Urlaub eher 1-2 Ersatzhaken zusätzlich mitnehmen.

Welches Material ist beim Foil für mich sinnvoll, Alu oder Carbon?
Es gibt inzwischen sehr viele, sehr gute Einsteiger bis Mittelklasse- bzw. Freeridefoils aus beiden Materialien. Prinzipiell ist Carbon im Schnitt teurer, empfindlicher aber eher leichter und leistungsorientierter. Daher ist am Anfang meist ein Alufoil etwas sinnvoller, aber ein Carbonfoil, wenn man vorsichtig damit umgehen kann und den Preis bezahlen will, auch nicht vom Tisch und ggf. upgradefähiger. Bei der Kombination Alu und Salzwasser muss man noch das Thema Korrosion bzw. einen etwas höheren Wartungs- bzw. Pflegeaufwand (Stichworte regelmäßige Demontage und Verwendung von Tefgel) im Blick behalten, was für die meisten aber nicht das Problem sein sollte.

Welche für Anfängerfoils relevanten Eigenschaften gibt es im Fahrverhalten?
Es gibt einfach gebaute Anfängerfoils, die einen sehr hohen Fahrwiderstand (auch "Drag") fast schon wie ein Gleitboard haben. Bei diesen Foils fällt zu einem großen Teil die schönste und wichtigste Sensation des Foilens, nämlich das nahezu widerstandsfrei Gleiten mit kleinen Kites bei geringstem Wind weg. Kommt man mit diesen Foils ins Fliegen bleibt der Widerstand fast gleich, anstatt rapide abzufallen, womit es auch fast keinen Vorteil für Leichtwind oder das Fahren kleinerer Kites gibt. Ein Anfängerfoil muss aber nicht zwingend einen besonders hohen Fahrwiderstand haben. Dieser wird meist durch schlechte hydrodynamische Kompromisse bzw. zu dicke Querschnitte und viel benetzte Fläche verursacht.
Nicht zu verwechseln ist ein hoher Fahrwiderstand mit der Fähigkeit eines Foils bei sehr geringer Geschwindigkeit tragen bzw. früh fliegen zu können. Das eine hat mit dem anderen nur indirekt zu tun. Anfängerfoils sollten auf jeden Fall früh tragen, etwa bei Fahrgeschwindigkeiten um ca. 16-18 km/h was natürlich sehr von Fahrergewicht im Verhältnis zur Flügelgröße abhängt. Gleichzeitig sollten aber auch Anfängerfoils wie genannt nicht zu viel Widerstand haben und so einen großen Geschwindigkeitsbereich zuzulassen, also nicht bei Geschwindigkeiten deutlich unter 40 km/h aufgrund des anwachsenden Fahrwiderstands abriegeln.
Ein niedriger Fahrwiderstand ist zusammen mit frühem Abheben der Schlüssel für Leichtwind, frühes Springen und viele Manöver.
Im Gegensatz zu einem Wave oder Freestylefoil, sollte ein Anfängerfoil relativ stark gedämpft in allen Achsen (Gier, Roll und Nick) sein. Insbesondere die Nickachse über die man die Flughöhe des Boards über dem Wasser kontrolliert, sollte für ein Anfängerfoil nicht zu nervös bzw. lebendig sein.
Weiter sollte ein Anfängerfoil möglichst unanfällige gegenüber Ventilation also dem Luftziehen des Mastes sein, genauso wie dem Luftziehen der Flügelspitzen beim Auftauchen. Beides sind aber eher schwierigere Themen, daher im Weiteren außen vor.
Also am wichtigsten:
Frühes Abheben, trotzdem nicht zu viel Fahrwiderstand, damit niedrigen aber breiten Geschwindigkeitsbereich und relativ stark gedämpft in der Bewegung, insbesondere in der Nickachse.

Und woran erkennt man das? bzw.:

Welche Foil Spezifikationen beeinflussen das Fahrverhalten auf welche Weise?
Vorwort: Sicher nicht alle genanten Abmessungen geben, das perfekte Mittel des heutigen Markts wieder, Ziel ist es nur etwas Orientierung zu geben, daher bitte nicht auf die Goldwaage legen. Vielen Dank

Für den Fahrwiderstand ist primär die bei der Fahrt benetzte Fläche und die gesamte Querschnittsfläche (beides mit halb eingetauchtem Strut, üblicherweise ca. 14 mm Dicke und 11 cm Profilsehne) verantwortlich. Auch noch wichtig ist der so genannte induzierte Widerstand, der vor allem durch runde wenig gestreckte Flügel (niedriges AR) erzeugt wird.
Prinzipiell müssen Anfängerfoils wie angesprochen in diesen Disziplinen nicht unbedingt besonders schlecht sein. Allerdings gehen kleine benetzte Flügelflächen kleine Profildicken und niedrige Profilkrümmungen auf Kosten der Abhebegeschwindigkeit und hoch gestreckte Flügel > 60 cm Spannweite, auf Kosten der statischen Lasten in der Konstruktion, weswegen man hier bei günstigen Anfängerfoils immer ein Stück von der besten Performance von Carbon-Racefoils weg sein wird. Auch möchte man bei Anfängerfoils keine extrem gestreckten Flügel mit gefährlich spitzen Enden.
Daher wird man am Anfang eher größere früh tragende Flügel mit Flächen von 600-1000 cm² fahren mit eher kleinerer Streckung (AR) von meist 3-5 und Dicken von ca. 15 bis 30 mm, zum Teil mit unterseitig gerader (am billigsten) oder sogar konkaven Profilkrümmung für mehr Auftrieb trotz kleiner Fläche.
Trotzdem breite Geschwindigkeitsbereiche erreicht man dabei durch insgesamt saubere Detaillösungen, wie sauber auslaufenden Profilen. Stumpf und lieblos mit Plastikstöpseln versehene Fuselage-Enden mit konstantem Querschnitt sind hier eher günstig als hilfreich, spitze Nasen dagegen nicht unbedingt zuträglich.
Eine hohe Dämpfung insbesondere in der Nickachse erreicht man in der Kombination aus einer steifen, möglichst langen Fuselage meist mit einem möglichst großflächigen Heckflügel. Leider erzeugen insbesondere die letzten beiden Punkte auch wieder mehr Drag, was ein weiterer Grund ist, dass Anfängerfoils nie die absoluten High-Performer sind.

Spielt das Foil- und Boardgewicht am Anfang eine Rolle?
Das Foilgewicht spielt am Anfang fast keine Rolle, solang man nicht springt. Am ehesten wird man es beim Tragen am Strand spüren. Größeren Einfluss auf das Fahrgefühl hat dagegen das Boardgewicht in Kombination mit dessen Länge also dessen Trägheitsmoment um die Nick und vor allem Gierachse. Hier können kurze leichte Boards für den Anfang bei Manövern ggf. sogar schwieriger sein. Tritt man bei einem Fußwechsel auf eine leichte Nose bzw. vordere Fußposition, wird sich ein leichtes Boards schneller zur Seite bewegen ein schweres langes Board dagegen mit einer trägeren Bewegung eine stabilere Landefläche für den Fuß bieten.

Welche Mastlängen sind sinnvoll und brauche ich ein Schul-Set?
In meinen Augen ist ein Schul-Set mit verschiedenen Mastlängen nur für besagte Schulen sinnvoll, das mag aber ein Stück eine persönliche Meinung sein, die es ggf. auch immer bleiben wird, da niemand sowohl mit kurzen als auch langen Masten gleichzeitig die komplette Lernphase durchlaufen kann. Ich selbst habe mit 103 cm angefangen.
Ich denke, dass der Beginn mit kürzeren Masten sinnvoll sein kann, für die meisten aber nur für 1-2 Stunden, womit der Kauf für die meisten vermutlich unrentabel ist.
Der Hintergrund warum viele Hersteller zunächst ausschließlich die von Alu-foils (meines Wissens nur ein Nachzügler mit Carbon) kurze Masten und Schul-Sets mit verschiedenen Längen anbieten:
Es ist ein interessantes und gutes Alleinstellungsmerkmal für Alufoils, bei denen das kürzere Abschneiden der Strutprofil-Meterware praktisch kaum Mehrkosten gegenüber nur einer angebotenen Strutlänge verursacht.

Für die meisten Einsteiger sollten Masten (auch Struts) zwischen 80 und 100 cm lang sein. Längere Masten mit bis zu 111 cm benötigt man nur bei Race orientiertem Fahren mit starker Schräglage bei gleichzeitig gestreckten Race-Flügeln. Kürzere Masten deutlich unter 80 cm werden zwar auch häufiger und auch manchmal von erfahreneren Kitern für Stehbereiche gepriesen. Meine Erfahrung ist aber, dass sie Manöver eher erschweren bzw. die Anzahl der möglichen Manöver wie z.B. 360er zum Teil stark einschränken. Von Welle habe ich aber kaum Ahnung, aber auch hier kenne ich Empfehlungen von 70 - 100 cm von guten Leuten.
Also alles von verschiedenen Faktoren und persönlich Präferenzen abhängig, sobald man fahren kann sind auch 110er prinzipiell kein Problem, aber sicher meist unnötig lang, teuer und ggf. auch schwammiger.
Ich selbst fahre:
- 110er fürs Freeracefoil ausschließlich, aber auch zum Freestylen.
- 96er als Kompromiss für besondere Bedingungen und Stiele
- 86er bald als Kompromiss, als Reise und wahrscheinlich meist nur Monofoil, da hier auch kürzere Masten noch gut funktionieren
- unter 80 cm würde ich aktuell nur fürs Wind- und Supfoil gehen.


Muss beim Kauf eine Tasche dabei sein?
Eindeutiges Ja, wenn man sie nicht selber baut. Die extreme Sperrigkeit des Foils in Kombination mit dessen harten, scharfen, empfindlichen Kanten und Spitzen ist prädestiniert dafür sich in Kürze entweder an Foil, Fahrzeug, Haustüren oder anderem so viel Schäden und Umstände zu erzeugen, dass eine Tasche praktisch immer vom ersten Tag an gerechtfertigt ist.
Was für eine Tasche muss man aber für sich im Einzelfall klären. In der Regel trennt man bei Autos kleiner einem Bus, Board und Foil ohne aber letzteres weiter zu zerlegen. Für diese Konfiguration sollte also am ehesten Schützer zumindest fürs Foil vorhanden sein. Einige herstellereigenen Schützer sind allerdings ungeeignet, da sie gerade an den empfindlichsten und schärfsten Stellen, keinen fest positionierten Schaum/Schutz, sondern nur eine Naht im Stoff haben, die praktisch vor gar nichts schützt. Wenn die Kleiderprobe fürs Foil past kann und sollte man hier also durchaus markenfremd gehen, oder näht bzw. bastelt sich die Protektoren selber, was auch kein Hexenwerk ist.


Geändert von Horst Sergio (26.10.2017 um 19:57 Uhr) Grund: Mastlängen und Tasche ergänzt; Danke für den Hinweis.
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